
Foto © Mr. Whisper, 2024 | FUJIFILM X-T4 mit FUJINON XF33mmF1.4 R LM WR bei 1/250 s, F1.8 und ISO 200
Der Londoner Fotograf Balwinder Bhatla, bekannt als Mr. Whisper, zeigt, wie er die Straßen der britischen Metropole in sein persönliches Studio verwandelt.
„Ich möchte Bilder aufnehmen, die nicht sofort zuzuordnen sind“, sagt der Londoner Streetfotograf Balwinder Bhatla alias Mr. Whisper über seinen Stil. „Wer meine Aufnahmen betrachtet, soll neugierig werden und mehr über das Motiv erfahren wollen. Ich möchte alle einladen, selbst einen Eindruck von der Szene zu gewinnen und sich vielleicht eine eigene Geschichte zum Bild auszudenken.“
Mit seiner besonderen Herangehensweise hat sich Mr. Whisper in den letzten zehn Jahren eine eigene Nische geschaffen.
Immer wieder gelingt es ihm, alltägliche Momente in den nächtlichen Straßen Londons auf einzigartige und sofort erkennbare Weise einzufangen.

Foto © Mr. Whisper, 2024 | FUJIFILM X-T3 mit FUJINON XF33mmF1.4 R LM WR bei 1/500 s, F2 und ISO 160
Erste Schritte in der Streetfotografie
„Ich wollte eigentlich nie Fotograf werden. Kameras schienen mir zu technisch“, sagt Mr. Whisper. „Doch als Handykameras besser wurden und Instagram aufkam, begann ich, täglich einfache Bildgeschichten zu erzählen.“
Getrieben von seiner Kreativität, begann er, Schnappschüsse in der Londoner U-Bahn zu machen. „Ich pendelte jeden Tag zur Arbeit. Durch die Fotos wurde mein langweiliger Arbeitsweg plötzlich zu einem aufregenden Abenteuer, bei dem ich alltägliche Momente in der U-Bahn festhielt. Das weckte mein Interesse an der Fotografie“, erzählt Mr. Whisper.
Etwa ein Jahr lang lud er ständig Fotos in seine Social-Media-Kanäle hoch. Mit wachsendem Bekanntheitsgrad ergaben sich plötzlich bezahlte Jobs und Aufträge von bekannten Marken.
„Da wurde mir klar, dass ich die Qualität meiner Bilder weiter verbessern musste. Ich beschloss, mich ernsthaft mit der Fotografie auseinanderzusetzen und mir eine richtige Kamera zu besorgen. Mit einem Freund, der sich auskannte, ging ich in ein Geschäft und der Verkäufer zeigt mir eine FUJIFILM X-T1. Und ich dachte nur: Wow, genauso sollte eine Kamera aussehen.“

Foto © Mr. Whisper, 2024 | FUJIFILM X-T4 mit FUJINON XF56mmF1.2 R bei 1/250 s, F1.2 und ISO 1250
„All die Fachwörter, die mir mein Freund über die Kamera erzählt hatte, ergab jetzt einen Sinn. Plötzlich verstand ich, was es mit dem Belichtungsdreieck auf sich hatte. Durch die Einstellräder oben auf der Kamera konnte ich die Theorie visuell nachvollziehen. Ich spürte eine unmittelbare Verbindung zu dieser Kamera und mir gefiel ihr ikonischer, klassischer Look“, erzählt Mr. Whisper.
Für ihn war der Kamerakauf die Initialzündung und zugleich der Einstieg in die anspruchsvolle Fotografie. Das analoge Bedienkonzept der X-T-Reihe war für Mr. Whistler der Schlüssel zu den technischen Geheimnissen der Fotografie. „Von der FUJIFILM X-T1 bis zur aktuellen FUJIFILM X-T5 haben mir diese Kameras geholfen, grundlegende fotografische Konzepte zu verstehen und anzuwenden“, sagt Mr. Whisper.
Bei der Nachbearbeitung konnte er die Kameraeinstellungen besser nachvollziehen. „Wenn etwas verwackelt war, hatte ich gleich ein Bild des Einstellungsrads vor Augen und wusste: Stimmt, meine Verschlusszeit war zu lang. Warum gibt es in diesem Foto relativ viel Bildrauschen? Klar, mein ISO-Wert war viel zu hoch“, berichtet Mr. Whistler über seine ersten Lehrstunden mit der Kamera, die ihn immer versierter werden ließen. „Irgendwann bin ich wie selbstverständlich von der Belichtungsautomatik auf die manuelle Einstellung umgestiegen, weil ich sicherzustellen wollte, dass die Fotos genau meinen Vorstellungen entsprachen.“

Foto 2024 © Mr. Whisper | FUJIFILM X-T5 mit FUJINON XF56mmF1.2 R WR bei 1/160 s, F1.8 und ISO 800
Tag und Nacht
„Als ich anfangs mit meinem Smartphone fotografierte, musste ich für Nachtaufnahmen immer lange Belichtungszeiten und ein Stativ verwenden. Dabei hatte ich das Gefühl, ständig das Gleiche zu sehen“, erinnert sich Mr. Whisper. „Als ich mir mein Portfolio anschaute, fehlten mir Abwechslung und Spannung bei den Motiven.“
Doch mit der FUJIFILM X-T1 erkannte der Fotograf, dass er mit dem größeren APS-C-Sensor und einem lichtstarken Objektiv auch bei Dunkelheit deutlich attraktivere Ergebnisse erzielte.
„Als ich die Kamera in die Hand nahm, wurde mir klar, dass ich damit die ganze Nacht arbeiten konnte. Mit der X-T1 eröffnete sich mir eine neue Welt“, fährt Mr. Whisper fort. „Da sich nicht viele Leute auf die Streetfotografie bei Nacht fokussieren, entschied ich mich, dieses Gebiet für mich zu erobern.“

Foto © Mr. Whisper, 2024 | FUJIFILM X-T5 mit FUJINON XF56mmF1.2 R WR bei 1/125 s, F1.2 und ISO 400
Nach und nach setzte sich sein ruhiger, neonfarbener Look durch. Der Weg dahin war jedoch weniger geradlinig, als man das zunächst vermutet.
„Ich schaute mir immer wieder meine Fotos an und kehrte öfter an die Orte zurück, weil ich mich ständig fragte: Wie kann ich das besser machen? Wie kann ich diese Szene ansprechender gestalten?“, erzählt Mr. Whisper. „Ich möchte meine Gefühle mit der Kamera festhalten. Die Farben spielen daher bei der Nachbearbeitung eine wichtige Rolle. Ich achte sehr auf die Farbwiedergabe – die Rottöne sollen meine Rottöne und die Blautöne meine Blautöne sein.“
Der Rest der Nachbearbeitung ist weniger speziell: Mr. Whisper passt die Belichtung an, damit sie dem normalen Seheindruck im Moment der Aufnahme entspricht. Nicht immer war er derart zurückhaltend. Der Fotograf gibt zu, dass er Zeit brauchte, um die optimale Bearbeitungsmethode zu finden. „Anfang habe ich meine Bilder viel stärker bearbeitet. So entstand ein Bild, das an eine Malerei erinnerte“, erinnert er sich. „Bitte nicht falsch verstehen, ich habe diese Bilder geliebt und dachte, das sei ein Teil meiner Fotografie. Für mich bestand die Fotografie zu einer Hälfte aus der Kamera und zur anderen aus der Nachbearbeitung. Jetzt sind es definitiv 90 Prozent Fotografie und nur zehn Prozent Nachbearbeitung. Wenn ich stärker nachbearbeite, tendiere ich zur Übertreibung. Ich erschaffe dann Bilder, die nicht das zeigen, was das Auge wirklich sieht – und ein bisschen surreal sind.“

Foto 2024 © Mr. Whisper | FUJIFILM X-T5 mit FUJINON XF56mmF1.2 R WR bei 1/250 s, F1.6 und ISO 400
Mit den neuen Prioritäten änderte Mr. Whisper seine Strategie. Seither lautet sein Motto: Weniger ist mehr. Statt Hunderte von Schnappschüssen aufzunehmen, fotografiert er heute bewusster. „Als 2018 die FUJIFILM X-T3 erschien und man zwei SD-Karten nutzen konnte, war ich begeistert und füllte jede Nacht mindestens anderthalb Karten“, erzählt er. „Heute muss ich mich hingegen schon sehr anstrengen, einen ganzen Akku zu verbrauchen oder eine Speicherkarte zu füllen. Wenn ich ein Motiv sehe, nehme ich mir Zeit und stelle sicher, dass die Bedingungen vor Ort meinen Vorstellungen entsprechen. Falls nicht, kehre ich zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurück – es sei denn, ich bin auf Reisen und will dieses Motiv unbedingt festhalten.“
Um nicht auf der Stelle zu treten, probiert Mr. Whisper gerne Neues aus. Er achtet jedoch darauf, seinem individuellen Fotostil treu zu bleiben.
„Derzeit experimentiere ich mit Schwarz-Weiß, Langzeitbelichtung aus der Hand und Tageslicht“, sagt er. „Ich denke mir immer neue Herausforderungen aus, um etwas dazuzulernen. Wenn ich das Haus verlasse, frage ich mich: Was will ich heute erreichen? Einen Plan zu haben, ist mir wichtig. Das macht es mir leichter, all die visuellen Reize auszublenden und sich auf eine Sache zu konzentrieren.“

Foto © Mr. Whisper, 2024 | FUJIFILM X-T3 mit FUJINON XF56mmF1.2 R bei 1/250 s, F1.2 und ISO 320
Kameras und Objektive für die Streetfotografie
„Im Moment nutze ich vor allem die FUJIFILM X100VI, weil ich mich mehr an der Tageslichtfotografie versuche“, sagt Mr. Whisper. „Ich liebe ihre Kompaktheit. Anfangs war ich mir nicht sicher – ich kam von der X-T5 und fragt mich, wie ich mit der 23-mm-Festbrennweite zurechtkomme. Aber ich schätze an der X100VI, dass ich damit unauffällig bleibe. Solange der Akku geladen und die Speicherkarte nicht voll ist, kann ich damit sofort zu einer neuen Entdeckungsreise aufbrechen.“
Nachts arbeitet Mr. Whisper nach wie vor lieber mit der FUJJIFILM X-T5, dem FUJINON XF56mmF1.2 R WR – sein Lieblingsobjektiv für schwaches Licht – und dem FUJINON XF33mmF1.4 R LM WR.
„Das XF56mmF1.2 fängt all die Details ein, die mir in meiner Fotografie wichtig sind. Wenn jemand hinter einem beschlagenen Fenster sitzt, weiß ich, dass die Tropfen im Bild gestochen scharf erscheinen werden“, erläutert der Fotograf. „Möchte ich mehr von der Umgebung einfangen, nutze ich das XF33mmF1.4. Damit kann ich meine Protagonisten in Beziehung zu ihrer Umgebung setzen.“

Foto © Mr. Whisper, 2024 | FUJIFILM X-T3 mit FUJINON XF33mmF1.4 R LM WR bei 1/125 s, F1.4 und ISO 800
Eines seiner Hauptanliegen in der Fotografie – und vielleicht die Quelle seiner Faszination für die Streetfotografie – ist es für Mr. Whisper, den Bildaufbau so einfach wie möglich zu halten. „Als ich anfing, schleppte ich einen großen Rucksack mit drei oder vier Objektiven mit mir herum. Alle fünf Minuten nahm ich den Rucksack ab, wechselte die Objektive und verpasste so oftmals den Moment, den ich festhalten wollte“, erzählt Mr. Whisper. „Seitdem ist meine Tasche immer kleiner geworden, bis ich jetzt nur noch mit einem einzigen Objektiv unterwegs bin. Mein Rücken dankt es mir – und ich verpasse keinen Moment mehr.“
Wenn Mr. Whisper draußen unterwegs ist, macht er sich nicht viele Gedanken, welcher Aufnahmestandort wohl am besten sei. Er folgt seiner Intuition und bleibt ständig in Bewegung, um das gewünschte Bild zu bekommen.
Gibt es außer einer Kamera und einem Objektiv noch etwas, das Mr. Whisper für eine Nacht in den Straßen Londons für unerlässlich hält? „Einen Regenschirm, denn ich gehe gerne bei Regen auf die Straße“, sagt der Fotograf und lacht. „Außerdem ein Desinfektionsmittel, da ich mich oft an Dinge lehne oder mich auf den Boden lege, um den besten Blickwinkel zu finden.“

Foto © Mr. Whisper, 2024 | FUJIFILM X-T5 mit FUJINON XF33mmF1.4 R LM WR bei 1/125 s bei F2 und ISO 800
Ein Geduldsspiel
Mit der Zeit hat Mr. Whisper gelernt, dass Streetfotografie nicht immer spontan sein muss. „Heute weiß ich, dass man Streetfotografie inszenieren kann. Die Straßen Londons sind mein Studio. Ich versuche, jede Szene zu kontrollieren. Ich wähle einen Rahmen mit einem tollen Hintergrund, achte auf die Lichtverhältnisse und positioniere mich so, dass die Passanten optimal beleuchtet werden. Dann warte ich, bis die interessantesten Figuren auftauchen. Vielleicht sind es einfach die Farben ihrer Kleidung, ein Regenschirm oder ein Hut, die das Bild dann vervollständigen.“
Was rät Mr. Whisper anderen, die sich von seiner Streetfotografie inspiriert fühlen?
„Denke strategisch! Probiere bewusst, dich auf eine Technik oder Sichtweise zu beschränken. Wenn etwas deine Aufmerksamkeit fesselt, warte und beobachte die Szene, bis sich ein ähnlicher Moment am selben Ort ergibt“, empfiehlt er.
„Ich wünschte, dass ich diesen Ratschlag früher beherzigt hätte und in vielen Situationen weniger spontan reagiert hätte. Mein Tipp lautet also: Verlangsame deine Arbeitsweise und nimm dir Zeit für ein Motiv.“

Foto © Mr. Whisper, 2024 | FUJIFILM X-T5 mit FUJINON XF50mmF1.0 R WR bei 1/250 s, F1 und ISO 800
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